Geringe Erwerbsbeteiligung bei 55+
In Österreich liegt die Erwerbsbeteiligung älterer Personen deutlich unter dem EU-Schnitt und weit unter jener unserer nördlichen Nachbarn. Während in Deutschland im Vorjahr knapp drei Viertel der 55- bis 64-Jährigen erwerbstätig waren, trifft dies in Österreich lediglich auf 57,3 % der Bevölkerung dieser Alterskategorie zu.
Zuletzt aktualisiert am 29.10.2024, 15:18
Die Hauptursache dafür ist das frühe Pensionsantrittsalter in Österreich – insbesondere bei weiblichen Erwerbstätigen. In keinem anderen EU-Land war das gesetzliche Pensionsalter der Frauen im Vorjahr niedriger als in Österreich. Aber auch Männer über 55 bleiben hierzulande deutlich seltener im Job als im EU-Vergleich. Nur knapp zwei Drittel (65,4 %) der männlichen 55- bis 64-Jährigen sind in Österreich erwerbstätig. Damit ist der Anteil nicht nur wesentlich niedriger als jener der gleichaltrigen Männer in Deutschland (78,2 %), sondern liegt sogar unter jenem der Frauen dieser Alterskohorte in unserem Nachbarland (71,0 %).
In Österreich arbeiten lediglich 57 % der 55- bis 64-Jährigen; in Deutschland sind es 3 von 4
Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen (in %), 2023
Quelle: Eurostat. Erwerbstätigenquote – Erwerbstätige bezogen auf die Bevölkerung der jeweiligen Altersgruppe.
Die geringe Erwerbstätigenquote Älterer wirkt sich nicht nur negativ auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und das Wachstumspotenzial der österreichischen Volkswirtschaft aus, sondern treibt auch die Sozialausgaben in die Höhe. Da das Pensionssystem Österreichs nur teilweise durch Beitragszahlungen finanziert wird, muss der Rest von der öffentlichen Hand gedeckt werden. Um mehr ältere Menschen im Arbeitsleben zu halten, hat der Gesetzgeber bereits erste Schritte gesetzt. So wird das gesetzliche Pensionsalter der Frauen bis 2033 an jenes der Männer angeglichen – pro Jahr verbleiben dadurch zusätzlich rund 20.000 Frauen im Alter von 60+ am Arbeitsmarkt. Es sind jedoch mehr Anreize für eine stärkere Erwerbsbeteiligung der Über-55-Jährigen erforderlich, um die Arbeitskräfteknappheit zu bekämpfen und dringend erforderliche budgetäre Spielräume für Zukunftsinvestitionen zu schaffen. Der zeitliche Handlungsdruck ist jedenfalls hoch, da die Generation der Babyboomer in den nächsten Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden wird. In der Folge verschiebt sich das Verhältnis zwischen Beitragszahlenden und Pensionsempfänger:innen und wird zur zunehmenden Herausforderung für die Finanzierbarkeit des Systems.
FAZIT: Die allgemeine Lebenserwartung steigt, und damit verändern sich auch die Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt und das System der sozialen Sicherung. Die Attraktivierung von Arbeiten im Alter ist eine der zentralen Stellschrauben sowohl zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels als auch in Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Pensionssystems. Die künftige Regierung sollte wirksame Anreize für längeres Arbeiten setzen. So fallen derzeit für den Zuverdienst in der Pension beträchtliche Steuern und Abgaben an. Ein Mehr an Netto vom Brutto für all jene, die in der Pension dazuverdienen wollen, verbessert nicht nur die individuelle Einkommenssituation im Alter, sondern wirkt sich auch gesamtwirtschaftlich positiv aus.