Die unbequeme Wahrheit

Arbeitszeitverkürzung: Geht sich eine 32 Stunden Woche aus?

Aktuell feiern Vorschläge in Richtung einer Verkürzung der Arbeitszeiten wieder fröhliche Urstände. Doch gehen in der Diskussion um die 32 Stundenwoche nicht Anspruch und Wirklichkeit auseinander? Kurz gesagt: ja – da wir keinen Mangel an Arbeit haben und zudem Teilzeitarbeit immer mehr im Trend liegt. Zur Faktenlage:

Zuletzt aktualisiert am 14.08.2023, 10:44

Arbeitszeitverkürzung: Eine Frau die an einem Laptop arbeitet, ein Kalender und eine Uhr sollen die Arbeitszeit darstellen. Quelle: New Africa - stock.adobe.com

Auf politischer Ebene wird derzeit sehr intensiv über die Reduktion der Arbeitszeiten diskutiert. Nachdem bis vor kurzem noch eine 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich gefordert wurden, legt man dieser Tage noch ein Schauflern nach und spricht gar schon von 32 Stunden. „Schließlich geht es uns so gut, dass wir uns das als Volkswirtschaft leisten können“, so der Tenor der Befürworter dieses drastischen Schrittes. Dass Anspruch und Wirklichkeit in diesem Zusammenhang eklatant auseinandergehen, wird jedoch erst deutlich, wenn man sich mit der Thematik auf Basis statistischer Fakten auseinandersetzt. Denn trotz Pandemie, Energiekrise und Inflation ist die Nachfrage nach Personal am Arbeitsmarkt ungebrochen. In Österreich hat sich der „gefühlte“ Fachkräftemangel der Vorkrisenzeit in einem „echten“ Fach- und Arbeitskräftemangel gewandelt. Dieser führt, wenn es nicht gelingt die Nachfrage nach Arbeit technologisch zu kompensieren, zu Wertschöpfungs- und Wohlstandsverlusten. Dieser Mangel hat viele unterschiedliche Ursachen und lässt viele Schlüsse zu, nur den einen nicht, der derzeit so vehement gefordert wird: eine drastische Verkürzung der Arbeitszeit.

Vier Fakten gegen die gegen eine Arbeitszeitverkürzung sprechen:

Faktum 1: Arbeitszeitverkürzung wurden bisher dann diskutiert, wenn Arbeitsplätze fehlen

Zurzeit haben wir einen Rekord an offenen Stellen und einen eklatanten Personalmangel in mehr als 100 Branchen der Wirtschaft. 260.000 Arbeitsuchenden Personen in Österreich stehen gegenwärtig de facto ebenso viele offene Stellen gegenüber. Allein in der Steiermark sind mehr als 30.000 Stellen vakant. Eine Verkürzung der Arbeitszeit würde diese Situation noch ungleich verschärfen.

Faktum 2: Demographie verschärft Mangel zusätzlich

Bis 2040 entsteht in Österreich eine Lücke von 363.000 Personen im erwerbsfähigen Alter. Das bedeutet einen Wertschöpfungsverlust im Ausmaß von rd. 150 Mrd. €, gemäß einer aktuellen Berechnung von WIFO und Synthesis.

Faktum 3: Rekordbeschäftigung täuscht darüber hinweg, dass Österreich durchschnittlich (freiwillig) immer weniger arbeiten

Während die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse seit 1995 um rund 35 Prozent zugenommen hat, stieg das Arbeitszeitvolumen nur um rund 18 Prozent. Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Beschäftigtenverhältnis sank von etwa 32 auf aktuell 27 Wochenstunden. Zukünftig ist ein weiterer Rückgang der durchschnittlichen Arbeitszeit pro Beschäftigungsverhältnis zu erwarten. Der Trend der letzten Jahre geht eindeutig in Richtung Teilzeitarbeit und dies nicht nur bei Frauen, sondern zusehends auch bei Männern.

Grafik Steigende Herausforderung für Wohlstand in Österreich
Entwicklung des Arbeitsvolumens (Quelle: Statistik Austria, Bank Austria.)

Faktum 4: Österreicher:innen gehen früher in Pension als anderswo

Vor allem im Segment der 55- bis 65-jährigen hinkt Österreich beschäftigungstechnisch anderen Ländern in Europa hinterher. Diese Personen fehlen am Arbeitsmarkt. Gleichzeitig sind die Pensionskosten keineswegs gedeckt, was führt dazu, dass die Beitragsjahre die langen Pensionszeiträume und Quantität nicht mehr decken können. Damit steht nicht nur der Arbeitsmarkt sondern letztlich auch unser Pensionssystem vor großen Herausforderungen.

Fazit

Eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden ist in der derzeitigen Situation ein hehrer Wunsch, der realökonomisch allerdings kaum haltbar sein wird. Denn ohne rasche und grundlegende Fortschritte im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung wird die steigende Nachfrage am Arbeitsmarkt nicht kompensierbar sein.  Bis dahin gilt, dass wir in Summe mehr und nicht weniger arbeiten müssen, um den Wohlstand zu erhalten!